5.8.2012  700 km von Ulaan Bataar zum Nationalpark Terkhyn Tsagaan Nuur

Wir fahren los, sitzen in voller Montur auf dem Motorrad, noch kurz tanken um die Ecke vom Oasis und dann geht gar nichts mehr. Starter kaputt! Er muckerte schon vorher ein paar Mal herum und jetzt das endgültige Aus! Woher kriegen wir bloß einen neuen?

Zum Oasis schieben wir zurück und dann wird mit vereinten Kräften probiert, ob etwas zu reparieren geht. Klappt kurz, doch dann ist wieder Schluss. Wir wollen auf keinen Fall so los. Wolfgang bekommt eine Adresse von einem Deutschen der auch Motorräder hat. Und es ist kaum zu glauben: Der hatte sich vor Jahren einen Starter für seine BMW bestellt und es kam der falsche – in diesem Fall der richtige für uns!! Eingebaut und dann ging es 2 Tage später endlich los. Wieder durch den dichten Verkehr, alles stockt und wenn nur eine winzige Lücke entsteht, drückt sich ein Fahrer rein. Hier ist jedes Auto eingedellt und Rücksicht kennt keiner. Und so erwischt es uns beim Überholen. Der Fahrer hat nicht in den Rückspiegel geguckt und zieht einfach raus und wir in ihn seitlich rein und finden uns auf der Straße wieder.

Wunderbarerweise ist uns nichts passiert. Ich hatte die Handschuhe an, habe nur die Fingerknöchel geprellt und den Ellenbogen (hatte den Fotoapparat in der Hand und nicht losgelassen) und Wolfgang hat gar nichts, außer einem Wutanfall. Kurzer Schock, das Motorrad wird wieder aufgestellt und Wolfgang droht dem Fahrer, der nur dümmlich grinst und kein Wort sagt, mit der Faust. Die Autos hupen und alles will weiter. Wir biegen auf einen ruhigeren Platz ab und schnaufen erst mal durch.

Die Alu-Kiste hinten ist nach innen gedrückt und die Tasche vorne verschrammt. Der Benzinschwimmer klemmt durch den Schlag und das Benzin läuft dadurch raus. Das ist schnell behoben und dann fahren wir weiter.

Es gibt so viele Fotomotive und so hole ich die Kamera doch wieder aus der Jackentasche. Prompt hopft das Motorrad und die Kamera fliegt aus meiner Hand. Es geht mir durch und durch und ich schreie: Wolfgang, ich habe die Kamera verloren!!  Er dreht sofort um, wir suchen den Straßenrand ab (da wäre wahrscheinlich eh nur Schrott zu finden), ich klappe das Helmvisier hoch und sehe aus den Augenwinkeln die Kamera zwischen Kiste und Sitz auf der Halterung liegen!! Kann man so was glauben?

Zwei Schocks hintereinander und jeweils ein guter Ausgang: Gott sei Dank!!

Jetzt genießen wir die Fahrt doppelt und 450 km bei schönster Landschaft, die Bilder sprechen für sich. Karakorum ist heute unser Ziel, ehemalige alte Stadt unter Dschinghis Khan, außer ein paar Steinen gibt es nichts mehr zu sehen, doch das lamaistische Kloster Erdene Zuu ist sehenswert. Ausgerechnet da ist die Batterie der Kamera leer, also kurzer Fotoabstecher auf dem Rückweg.

Unser Ziel ist ein Nationalpark inmitten einer Vulkanlandschaft. Der weiße See (heißt so, weil er 3/4 des Jahres zugefroren ist) lockt zum Zelten und Wolfgangs Trapperherz schlägt. Er will wenigstens einmal in der Mongolei das Zelt aufbauen und kochen. Wir haben seit Monaten 1 Dose Hengstenberg Rotkraut im Gepäck. Also, Kartoffeln müssen noch her und Wurst dazu zum Braten. Kriegen wir alles in der Markthalle in Tsetserleg, unterdessen wird unser Motorrad bestaunt.

Die Straße wird miese Schotterpiste und alles fährt rechts oder links außen rum durch die weiche Pampa. Wir schließen uns an, herrlich bequem.

Im Nationalpark ist eine Flussdurchfahrt angesagt und wie wir noch ausloten, wie wir am besten durchkommen, hält ein Bussle, der Fahrer bedeutet mir einzusteigen und Wolfgang soll hinter ihm her.  Ist doch nett! Dann sehen wir die steile Berganfahrt und Wolfgang legt den „Bergziegengang“ ein. Welche Piste nehmen wir nur. Egal, jede führt über den Berg und vor uns liegt malerisch der weiße See.

Wolfgang strebt zielsicher auf den Platz zum Campen (ich schiele sehnsüchtig zu den Gers rüber) und packt auch gleich aus. Schlafsäcke: leider nass geworden – also über den Zaun damit und hoffen, dass sie noch trocknen. Zeltgestänge: Gummi der durch alle Stäbe geht, durchgescheuert durch den mitgeschleppten Ersatzreifen – wie repariert man das bloß?

Zelt: Hat Löcher bekommen vom Scheuern an der Schraube in der Packtasche. Er guckt mich total resigniert an und meint, also dann doch ins Ger. Hurra!

Ich tröste ihn damit, kochen kannst du ja trotzdem dort. Wir sind kaum eingezogen, in  ein wunderschönes Ger mit tollen weichen Matratzen, geht ein Sturm los und es peitscht richtig der Regen. Da sagt mein lieber Mann aus tiefstem Herzen: Jetzt bin ich auch froh, dass wir jetzt hier sind- Dem kann ich mich mit einem glücklichen Lächeln nur anschließen.

2 Tage lassen wir die Seele baumeln, wollen die Landschaft genießen und besonders auf die Ruhe waren wir sehr gespannt. Daraus wurde leider nichts, eine Gruppe Italiener bevölkerte die anderen Gers ringsum und die sind ja bekanntlich sehr lebhaft.

Die Fahrt zurück zeigte uns die Landschaft noch einmal ganz anders. Mir haben es besonders die verschiedenen Blumen angetan und wieder mal beim in die nicht vorhandenen Büsche gehen (in diesem Fall ein kleiner Steinhaufen) pflückte ich so ganz auf die Schnelle 8 verschiedene Blumen. Leider ist auf der gleichen Stelle genauso viel Abfall zu sammeln. Hier schmeißt jeder alles dann weg, wenn er es nicht mehr braucht. Also sind die Straßenränder voll mit Plastikflaschen, Dosen, Glas etc. Da können  einem als Motorradfahrer schon mal die Abfälle um die Helme sausen. Ich beschwere mich beim Überholen dann mit Kopfschütteln, nützt aber sicher nichts.

Aber das Herz wird einem schwer, wenn du einer Yakherde zusiehst, wie sie durch einen Fluss zieht und einem hängt eine Plastikflasche vor dem Mund, war wohl ein Bändel dran, den er verschluckt hat.

Das krasseste was ich gesehen habe, war eine Kuh, der eine handtellergroße Metallplatte am Mund raushing. Wahrscheinlich war da eine Schnur dran, die sie verschluckt hatte. Man kann nur hoffen, dass die Hirten rechtzeitig darauf aufmerksam werden.

Eine Fahrt durch die Weiten der Mongolei ist schon etwas ganz besonderes. Auf der Naturstraße hat man ein besonderes Gefühl der Unberührtheit,

3 Millionen Einwohner hat die Mongolei, davon leben 2 Mill. In U.B. und der Rest auf dem Land. Jedes Jahr werden es mehr in der Stadt. Wie das alles auf Dauer funktionieren soll ist uns ein Rätsel. Da noch die alten archaischen Lebensstile und hier das krasse Gegenteil in der Stadt, die jetzt schon völlig überfordert ist, eine funktionierende Infrastruktur zu bauen.

11.8. Tsetserleg

Wir wollen wir im Guesthaus Fairfield übernachten. Hier treffen wir zu unserer Freude Gerrit, David und Aga wieder. Wir besichtigen zusammen die Tempelanlage am Berg und dann geht es in den Pub. 2 Franzosen hat Gerrit per Anhalter aufgegabelt und so sind wir eine lustige Gesellschaft.

500 km liegen vor uns, einen Abstecher zum Kloster Erdene Zuu müssen wir ja auch noch einplanen, so geht es früh los. Wetter super, Stimmung gut, Straße zwischendurch löchrig wie Schweizer Käse, da nehmen wir lieber wieder die Graspiste.

Fotomotive gibt es wie Sand am Meer – oder wie Sand in der Sanddüne, durch die wir fahren. Da muss natürlich ein Foto her, kommen wir doch nicht bis zur Wüste Gobi. Prompt bleibt Wolfgang stecken, doch Hilfe ist nah, eine mongolische Familie zieht kräftig mit.  

Zurück in U.B. wird im Oasis die Kiste für das Motorrad gebaut und am nächsten Tag auch abgeholt. Wolfgang hatte ganz schön Stress mit der Spedition und dem ganzen Papierkram. Endeffektlich weiß man immer erst ob alles klappt, wenn man das Motorrad wohlbehalten aus dem Zoll im neuen Zielland holen kann. Mit Überweisung geht hier gar nichts. Man muss da einige Male den Geldautomaten plündern.

Wir versuchen unsere Flüge nach Jakarta für den 15.8. zu buchen.

14.8.

Heute haben wir uns doch noch etwas mit U.B. versöhnt. Wir waren im Museum der Geschichte, bummelten über den Platz vor dem Regierungssitz, besichtigten das uralte Kloster (heute Museum) mitten in der Stadt und der Eindruck zumindest im Zentrum war nicht mehr ganz so chaotisch.

Ein abschließendes Urteil über die Mongolei fällt uns schwer. Das Land ist traumhaft schön, und wir haben nur einen kleinen Ausschnitt gesehen. Die Menschen auf dem Land haben ein schweres Leben, da darf das idyllische Aussehen nicht trügen. Extreme Gegensätze der kulturellen Lebensweise in Stadt und Land, die irgendwie nicht zusammen passen.

Wir sind trotzdem tief beeindruckt von diesem Land – es war wirklich ein tolles Erlebnis!  

 

Dazu Diaschau 2 und 3

 

 

 

 

 

 

 

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