Heute sahen wir die ersten Kamele am Straßenrand. Apropos Kamele: Eugen, den wir ja in unserem Hotel kennenlernten, verbrachte dort das Schäferstündchen mit seiner Freundin, verschämt gestand er uns das. Klar, er wohnt mit seinem Freund in einem Zimmer, seine Freundin noch bei ihren Eltern. Also, ist das die einfachste Lösung. Wir fragten ihn daraufhin, ob sie bald heiraten wollten, um sich gemeinsam etwas aufzubauen.
Er lächelte und meinte, er sucht noch eine Frau, die seine Visionen teilt. Bisher hätte er sie noch nicht gefunden. Die Mädchen hätten sich sehr verändert. Fast jede raucht und trinkt Bier und er deutete auf den Tisch neben uns. Dort saßen zwei hübsche junge Frauen mit einem großen Glas Bier mit Strohhalm mit „glücklichen Augen“. Originalton Eugen: Was soll ich mit einer anfangen, die säuft wie ein Kamel? Wir mussten so lachen, diesen Spruch vergessen wir nie!Seither nutzen wir jede Gelegenheit uns gegenseitig zu sagen, aber heute säufst du wirklich wie ein Kamel. Bei dieser Hitze ohne Probleme zu schaffen.
Und wenn wir schon dabei sind: Lustige Frühstücksgeschichten!
Es gibt Hotels mit Büfett, kein Problem. Es gibt Hotels, da wird einem, ohne zu fragen, alles hingestellt. Es kommen 2 Schwarztee – Wolfgang keinen Kaffee? – Njet, Tee. Okay dann nehmen wir ihn halt. Es folgt 1 Weißbrot auf dem Teller mit einer zeigefingergroßen kalten Wurst. Ein Schüsselchen mit Grießbrei und das war’s dann. Wolfgang fielen fast die Augen raus. Er hatte sein schlaues kleines Bilderbuch dabei und zeigte verzweifelt auf Marmelade, Spiegeleier, was weiß ich noch was. Immer schüttelte diese kleine süße Bedienung verlegen den Kopf und meint Njet.
Küche Schmalhans kam wieder voll zum Einsatz, er trank nur den Tee. Was für ein Glück dass ich Grießbrei mag. Am nächsten Morgen frage ich vorsichtig: Schatz, sollen wir überhaupt frühstücken gehen? Na ja, der Tee war nicht so schlecht, wenigstens etwas, habe sowieso keinen Hunger. (Das war nach dem Abendessen mit Eugen).
Die kleine süße Bedienung war schon ganz aufgeregt als wir wieder kamen. Wir lächelten freundlich, sie stellte ganz erleichtert Tee, ein Weißbrot mit einem kalten hartgekochten Ei und? ein Schüsselchen mit Porridge. Ich war der Vorkoster beim Ei, das war so hartgekocht, dass es bröselte und das Eidotter zwischen Gaumen und Zunge klebte. Wolfgang tunkte dann das Weißbrot ein und war zufrieden. Was für ein Glück, dass ich Porridge mag!
12.6.2012 Karagandhy – heisst übersetzt kasachisch: Steppenroller = kugelige Stachelpflanzen, die bei Sturm über die Steppe jagen – dieser Anblick wurde uns auch gegönnt
Zwei Tage später in Karaghandy. Auf einem Schild standen 3 Varianten von Frühstück. Bei allen 3 konnte ich nur Brot und Kaffee mit Milch lesen. Die 1. Variante bestand also aus Brot, Kaffee mit Milch und noch 1 Zeile mit unbekanntem Inhalt. Variante 2.: dasselbe und noch 2 Zeilen, Variante 3: Brot, Tee und 3 zusätzliche Zeilen.Ich entschiedmich für die mittlere Variante und Wolfgang war einverstanden. Es kam: Kaffee mit Milch, 2 Rosinenbrötchen und Reis mit einem Fleischküchle.
Schade, dass von Euch keiner dabei ist, ihr hättet mal unsere Gesichter sehen müssen. Aber unser netter Kellner war gleich bereit, diese 2 Teller wieder mitzunehmen, nachdem wir ihm bedeutet hatten, dass wir das unmöglich zum Frühstück essen können. Wir entschuldigen uns und Wolfgang fragte noch nach Marmelade. Die kam dann prompt mit 2 lecker ausgebackenen Hefeküchlein.
Zu Karagandy wäre noch auszuführen: Nirgendwo gab es wohl eine solche Ansammlung an Gefangenenlagern wie in Zentralkasachstan. Der Reichtum, der hier im Boden schlummerte war mit billiger Sträflingsarbeit besonders effektiv zu heben: Steinkohle.
Das Gros der Förderarbeiten wurde zwischen 1929 – 1950von Zwangsumsiedlern, Sträflingen, enteigneten Groß- und Mittelbauern, dann in Schüben von politischen Gefangenen, die Arbeitsarmeen der deportierten Deutschen, im Anschluss die kriegsgefangenen Japaner und Deutschen verrichtet. Etwa 1 Million Sträflingen waren hier im Einsatz. Das Gebiet der Gefangenenlager des „Karlag“ war so groß wie die fünf ostdeutschen Bundesländer. (Auszug aus unserem Reiseführer)
Z. Zeit besteht unser Tag aus viel Fahren, Essen, Schlafen. Steppe, Steppe und nochmal Steppe. Am Abend vibriert der Körper vom vielen Fahren und heute ist es schon so heiß gewesen, dass uns Angst und Bange wird, wenn wir nach Usbekistan kommen. An jeder Raststätte an der wir halten, kommen sofort die Menschen auf uns zu, bestaunen unser Motorrad und fragen immer wohin. Wenn sie dann Usbekistan, Kirgisistan hören, stöhnen sie und schreiben 40 Grad in den Sand. Wir sind begeistert über die offenherzigen Kasachen. Ständig Fotos wollen sie machen, kommen auf uns zu und manche Fragen: Probleme mit der Polizei? Nein, haben wir bisher keine. Heute hat uns dann tatsächlich das erste Mal eine Polizeikontrolle angehalten. War pure Neugierde. Wolfgang hat auch dazugelernt. Begrüßt sie immer schon mit Handschlag und beantwortet brav alle Fragen, soweit möglich. Ich halte mich raus, grinse nur freundlich und warte wie es weitergeht. Aber auch diesmal hat der Polizist keine Chance – Wolfgang sagt freundlich okay? und dann Tschau, winkt und schon sind wir wieder weg.
Wir hatten die letzten Tage einfachste Unterkünfte direkt in den Motels an der Straße. Ist immer sauber, super Essen, nette Leute und sogar einen kleinen Fernseher auf dem Zimmer. So konnte Wolfgang, halt auf Russisch, Fußball gucken. Sogar Deutschland – Holland. Kam hier ja erst nachts um 1 Uhr. Heute hat es wieder geklappt. Nach 7 Stunden Fahrt, auf einer Straße die immer wieder löchrig und anstrengend zu fahren war, haben wir dann ein Hotel gefunden mit Schüssel. Im Moment sitzt er gemütlich auf einer Couch und sieht Italien – Kroatien, ich genieße die Air-Condition im Schlafzimmer. Hier konnte man sogar ein bisschen deutsch und alle sind super nett. Wir fühlen uns wohl.
14.6. Shymkent –
Heute sind wir wieder 450 km gefahren, gestern 540.Wir sind jetzt auf der Seidenstraße angelangt und die Berge von Kirgisistan sind in Sichtweite. Heute eine total moderne große Stadt, wo ehemals die Horden von Dzhinghis Khan ihr Unwesen trieben.
Von hier aus machen wir einen Abstecher in die Stadt Turkistan, berühmt als moslemisches Wallfahrtzentrum, da hier die Grabmoschee des Hodzha Achmed Jassawi steht. Er soll der rechtmäßige Nachfolger von Mohammed sein. Drei Mal Turkistan besucht, ersetzt die Reise nach Mekka. Das soll ja schon was heißen.
170 km wüste Baustellenstrecke hin und zurück bei heißem Steppenwind. Total verschwitzt machten wir uns auf die Suche nach einem Hotel. Wir dachten heute schon, was tun wir eigentlich. Mit einem Motorrad bei diesen Temperaturen durch die Gegend fahren!
Aber anscheinend gibt es weitaus verrücktere Leute. Hotels voll, weil eine Gruppe von 76 französischen Fahrradfahrern hier übernachtete. Peking – London in 5 Monaten war die Reiseroute. Wir fanden dann doch noch ein Zimmer, verbrachten aber den Abend in dem netten Hotel und durften unser Motorrad dort auch unterstellen. Super Bier, schmackhaftes Essen und nette Unterhaltung, entschädigte für die stressige Anfahrt.
Bei der Besichtigung der Grabmoschee stießen wir auf eine Hochzeitsgesellschaft und wir wurden gleich auf Englisch ausgefragt und mussten mit aufs Gruppenbild. Kann ich mir nicht vorstellen, dass so was in Deutschland mit wildfremden Menschen passiert.
Am nächsten Morgen früh zurück, vor der großen Hitze und gleich an die Grenze nach Usbekistan. So war der Plan und er ließ sich bis zur Grenze auch gut an. Dann hatten wir leider ein Problem: In Kasachstan muss man sich 5 Tage nach Eintritt von einer Behörde registrieren lassen. Die Freundin von Eugen, unserer nette Bekanntschaft aus Astana, arbeitet in einem 5 Sterne Hotel. Gute Hotels übernehmen die Registrierung und wir dachten, dass wir es auf diese Weise auch erledigen lassen. (Unser Hotel war damit leider überfordert, eben zu wenig Sterne, ha ha). Diese liebe Dame meinte aber, das wäre nicht mehr nötig. Sie machen das nicht mehr, neue Regelung.
Tja, da hatten wir uns leider nicht genügend selber informiert. Wir hatten richtige Probleme damit an der Grenze. Nicht registriert, bedeutet Strafe zahlen für jeden Tag über fünf. Wären bei uns 160,-- Euro gewesen. Tja, selber schuld und es wäre auch nicht das schlimmste gewesen. Doch man eröffnete uns, wir müssten dafür mit dem Polizeiauto 1 Stunde zurück in eine Stadt, dort einzahlen und dann wieder zurück. Alles Betteln half erst mal nicht. Auch der Vorschlag gleich hier zu zahlen, wurde verworfen. Man muss mit dem Chef in Astana telefonieren. Nach 1 Stunde Wartezeit gab man dann Bescheid, es ginge ausnahmsweise doch. Wir waren erleichtert. Dann begann der Papierkrieg. 2 Formulare wurden innerhalb einer weiteren Stunde ausgefüllt (ca. 10 Seiten lang) und wir mussten mindestens 15 Mal unterschreiben. Keine Ahnung was ( war ja russisch), aber war uns egal. Anschließend gab man uns die Reisepässe und erklärte uns, wir können jetzt ausreisen. (Gott sei Dank das meiste auf Englisch) Wir guckten uns fragend an: Keiner will Geld? Der dicke Chef, der so rummachte die ganze Zeit, tauchte auch nicht mehr auf und wir schnell aufs Motorrad, bevor sie sich es anders überlegen. 4 Stunden Prozedere, nichts bezahlt, aber Nerven gelassen. Es war bereits 20 Uhr abends.
Jetzt noch die usbekische Grenze und dann bloß schnell ins Hotel, der Tag war lang und heiß. Was war denn nun wieder los? Durch die Lastwagen war kein Durchkommen zum Grenzposten und nach einer Irrfahrt auf Gehwegen, lotste man uns durch die Mitte von zwei LKWs. Die Fahrer wollten dann noch ein Foto, immer lachen, auch wenn es einem im Moment nicht danach ist. Und dann? Das Tor war zu. Man erklärte uns, vor 5 Minuten wurde es geschlossen für eine Stunde, Abendbrotzeit. Wir konnten es nicht fassen. Also nochmal eine Stunde totschlagen doch dann ging es mit guter englischer Hilfe nach über 1 Stunde weiter. Es war bereits dunkel und wir wollten eigentlich nie im Dunkeln fahren. Aber von der Grenze aus nach Taschkent (55 km) gab es eine gute, aber stockdunkle Autobahn mit Menschen und Getier am Straßenrand aber unser Hotel war Gott sei Dank vorbestellt. Um 11.30 kamen wir dann glücklich nach einem langen Tag in Taschkent an.