Der Ural taucht auf am Horizont

4.6.2012 Kurz vor Ufa

Heute regnete es nur einmal und das mehr oder weniger den ganzen Tag. Wir schafften trotzdem 420 km. Waren wir bisher vor allen Radarfallen mit Lichthupe gewarnt worden oder haben sie selber gesehen, hat es uns heute doch erwischt:

Bitte rausfahren und Bild auf dem Computer angucken: Zeichensprache des Polizisten.  Wir auf Russisch: Tourist Germania – er:  Policia Russia,! Ha ha. Bitte absteigen und Dokumente zeigen. Einer saß im Auto und zeigte uns stolz unser Foto auf dem PC. Wolfgang war schon am Auspellen aus der Regenjacke um die Dokumente zu holen, da sagte der eine Polizist auf deutsch: Guten Morgen, guten Tag, auf Wiedersehen. Wolfgang war ja durch Mexiko gut geschult und meinte gleich: Dann auf Wiedersehen – schüttelte jedem die Hand, die grinsten und meinten okay. Kaum zu glauben, es hat wieder funktioniert, bloß rauf aufs Motorrad und weg. Wir winkten noch fröhlich und das war es dann! Schwein gehabt.

Es war schon 18.30 und ewig kam keine Schlafmöglichkeit. Ufa noch fast 60 km weg. Dann nochmals Glück: ein kleines Motel am Wegesrand, saubere Zimmer, nette Wirtin und sogar ein Platz fürs Motorrad in der Werkstattgarage und das alles für 800 Rubel = knapp 20 Euro. In Ufa hätte ein Zimmer mindestens 80 Euro gekostet, lt. Internet.

Kaum waren wir eingezogen, öffnete der Himmel seine Schleusen wie den ganzen Tag noch nicht. Wieder Glück gehabt.

5.6.

Wieder über 430 km gefahren auf meist guter Straße, gutem Wetter, starkem Rückenwind – super gut – viel Lastwagen, die wir zügig überholten und dann: Polizei, bitte rausfahren und anhalten. Diesmal machte Wolfgang erst gar nicht lang rum. Hallo, Tourist aus Germania mit Gesichtausdruck: Leute habt Erbarmen! Ist doch alles nicht so schlimm. Ah Germania, wohin? Baikalsee und Vladivostok.

Es fiel ihm ersichtlich schwer, aber er war beeindruckt, ein kurzer Blickaustausch mit seinem Kollegen, dann winkte er uns weiter.  Wieder bedankt und nett gewinkt, Gott sei Dank, das war‘s dann wieder. Wir haben bis heute nicht rausgekriegt, waren wir zu schnell oder haben wir im Überholverbot überholt. Na ja, ist ja auch egal, Hauptsache ohne Rubel durchgekommen.

Heutiges Highlight: der Ural. Endlich mal ein paar Berge am Horizont. Nach der ganzen flachen Landschaft von Hamburg bis zum Ural eine Augenweide. Sieht ungefähr so aus wie eines unserer Mittelgebirge, höchste Erhebung die wir überfahren beträgt 700 m. Haben kurz mal rechts und links einen kleinen Abstecher gemacht, um sich ein kleines Bild zu machen.

Wir sind ab jetzt im asiatischen Teil. Zeitzone ist 2 Stunden mehr wie Moskau, also insgesamt 4 Stunden jetzt zu Deutschland. Wieder nett am Straßenrand in einem Motel für 800 Rubel übernachtet und gut gegessen. Hier geht mit Englisch gar nichts und meine Schwester wollte wissen, wie ich das mit dem Zimmer denn so mache. Also folgendermaßen: Ich steige ab, gehe ins Restaurant  (meistens auch gleich Rezeption) frage:  Motel? Mache die Dürergebetshände, lege meine Wange drauf, dann kommt: Da (also ja) wieviel Personen (verstehe ich schon) sage: dwa adin noc (heißt: zwei eine Nacht) sie nickt, ich frage: skolka eto stoit ?(wieviel kostet es? Der einzige Satz den ich fließend spreche) erst sagt sie es, dann bitte ich sie, es aufzuschreiben (mit den Zahlen hab ich‘s gar nicht), danach zeige ich auf meine Äuglein und spreche auf deutsch: kann ich es sehen? Versteht sie sofort und schon läuft sie vor mir her, ich schau das Zimmer an und sage: Da oder Njet. Dann steigt mein lieber Mann vom Motorrad und macht das Passport Prozedere. So, jetzt wisst ihr es ganz genau, jeder kann nach Russland reisen und Zimmer bestellen!!  

6.5. Cheljabinks – auch wieder Millionenstadt

Moderne Stadt mit keinem nennenswerten Altstadtkern. Ein paar alte Gebäude in der Fußgängerzone, ansonsten sehr gepflegt und eher modern. Benetton, Adidas, sämtliche Marken sind auch hier vertreten. Wollten für Wolfgang ein Paar Socken kaufen, gab keine unter 15 Euro. Da warten wir auf den Markt in Kasachstan, da kriegst du für die Hälfte gleich 3 Paar (hoffen wir mal).

Hier wollen wir Ölwechsel machen. Wolfgang mal wieder ganz spontan. Sieht hinter uns 2 Motorradfahrer (was hier selten genug der Fall ist) und winkt ihnen, dass sie bitte anhalten sollen. Vorher hat er aus dem Sprachprogamm sich die russischen Wörter für Werkstatt und Ölwechsel raus geschrieben. Hält das den beiden unter die Nase und schwupp, bedeutet einer von ihnen, wir sollen ihm hinterherfahren. Auf verschlungenen Wegen durch die riesige Stadt (hätten wir allein nie gefunden) eine Yamaha-Motorradwerkstatt. Haben den Ölwechsel gleich gemacht, Wolfgang hatte den Ölfilter dabei, und 1 Stunde später war alles erledigt. Toll!  Für knapp 40 Euro mit Öl kann man auch nicht meckern.

Dann wünschte er sich noch eine Autowaschanlage, hatten wir bisher noch nie gesehen, und prompt kam rechts eine Halle. Gleich mal angefragt und der Hochdruckreiniger kam zum Einsatz. Er durfte erst selber und dann seifte eine von den netten Frauen das Motorrad noch mal richtig ein und putzte es glänzend. Wolfgang wollte bezahlen, sie wollten keinen Rubel haben, sei geschenkt.

Innerhalb kurzer Zeit so nette Erfahrungen. Die Russen sind zwar auf den ersten Blick nicht so herzlich, eher zurückhaltend, aber wenn man freundlich ist und sich per Zeichensprache versucht, tauen sie langsam auf.

Wir haben das billigste Hotel in der Stadt rausgesucht, dieses mal etwas außerhalb, weil die Stadt nichts hergibt. Wir konnten unseren Augen kaum trauen, vier Sterne, direkt am See und eine sehr schöne Suite mit Seeblick. Er fragte dann nochmal an, ob der Preis von 75 Euro mit Frühstück auch wirklich stimmt. Wahrscheinlich ein „unter der Woche Preis“, am Wochenende ist hier sicher alles voll.  In der Stadt die Hotels lagen alle über 100 Euro. Kaum zu glauben, am „A  der Welt“ und solche Preise!!!! Übermorgen geht es weiter nach Kasachstan, nur ca. 135 km Fahrt.

Quizfrage: Was ist Vertrauen? Wenn Wolfgang sich von mir die Haare und Bart schneiden lässt.

Denn nicht nur das Motorrad brauchte Ölwechsel und Nachstellen der Ventile, auch Wolfgang brauchte ein bisschen mehr Schwung auf dem Kopf. Rasputin bleibt also in Russland.

Russland hat uns bisher sehr gut gefallen. Allen Unkereien zum Trotz, lief es bei uns einfach rundum gut. Nette, hilfsbereite Menschen, tolle Städte, gute Straßen und das Wetter meinte es bis auf ein paar Ausnahmen immer gut mit uns. 

Ende Juli werden wir weiter östlich wieder einreisen, dann geht es weiter an den Baikalsee.

Link

Dazu Diaschau Russland 4 

Fortsetzung Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan - dann weiter S. 5 Russland

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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